– weit, weit weg vom westdeutschen Ballungsraum liegt unser Traumziel Apulien.
Doch in diesem Jahr sollte es endlich einmal sein. Damit ich keine orthopädischen Schäden davontrage, bin ich nicht mit der V 11 gefahren.
Die Verfechter der reinen Lehre sollten hier also besser nicht weiterlesen...
Wir haben zu Pfingsten die Mopeds auf den Hänger gepackt und sind runter an die Adria. Regen in Deutschland, Regen in Österreich, Regen in … na, in Cesenatico hat er dann endlich mal aufgehört, wo Hänger und Auto stehen bleiben durften.
Also direkt am nächsten Tag los mit den Mopeds, bepackt nur mit dem Nötigsten.
Nach zwei Tagen sind wird dann endlich am Gargano, dem Stiefelsporn, angekommen, und gönnen uns nun zwei Tage Pause in der schönen Stadt Vieste nach der ganzen Kilometerfresserei.
Leider machte uns das Wetter zuvor noch einen Strich durch die Rechnung, so dass wir aus den Bergen flüchten mussten, die Abruzzen dann auch rechts liegen ließen und einfach weiter die Küste heruntergefahren sind. Sehr zum Bedauern unserer letzten Gastgeber auf einem Bauernhof bei Sarnano, die uns noch ein Carepaket mitgegeben haben und uns wie Familienmitglieder versorgt und verabschiedet haben.
Mittel der Verständigung: Rudimentäres Italienisch sowie Hände und Füße.
Die Altstadt von Vieste im Süden des Gargano liegt traumschön auf einem Kreidesporn. Ein Besuch lohnt sich wirklich, wir haben drei Tage und stromern an einem davon durch die Gassen. Abends, es ist noch frisch, sind wir die einzigen Gäste im Strandlokal. Es gibt Muscheln, Fisch und Meeresfrüchte, superfrisch gleich aus dem Wasser, hausgemachte Pasta, Wein und das Versprechen: Es wird bestimmt bald sonniger...
Das stimmt. Aber der Wind bläst wie an der Nordsee! Daher sind wir gepflegte 200 km durch den äußerten Osten des Gargano gefahren, und auch viel im Inland. Wunderschöne Küstenstraßen winden sich an steilen Abhängen entlang, immer wieder nimmt der Blick neue Perspektiven ein...
Der Umbra-Wald, Forest Umbra, ist wirklich ein dunkler, alter Buchenwald, durch den sich kilometerlang einsamste Straßen ziehen. Wir sind ja ohne Gepäck unterwegs und haben fleißig die rechte Hand bewegt – nun, auch die Guzzi hätte hier wohl Spaß gehabt! (Keine Bilder, der Kurvenrausch ließ leider keinen Stopp zu )
Zwischendrin schraubt sich die Straße auf 800 Meter bis zum Örtchen Monte St. Angelo. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen die Wallfahrtskirche St. Michele, die Überreste der Kirche San Petri, ein normannisches Kastell sowie das schmutzigste Klo von ganz Italien, was wir nur durch Zufall entdeckt haben...
Weiter ging es dann nach Martina Franca, wo wir ein paar Tage blieben. Eine Bilderbuchstadt zum Anfassen und drin Leben, einfach Italien pur. Kaum Tourismus, gewachsene Altstadt mit vielen verwinkelten Gässchen. Rund 300 km liegen zwischen dem Gargano und Martina Franca, der Barockstadt in der Murgia, dem apulischen Kernland. Das hier ist die berühmte Trulli-Region.Diese putzigen Zipfelmützenhäuser stehen hier überall. Nach einem längeren Ritt auch über Holperstrecken sind wir angekommen – auf unserem Weg lagen KLATSCH-Mohnfelder...
Bitte mal einen großen Applaus für die Natur!
Auch haben wir einen Abstecher über das Castel del Monte gemacht. Vom Weiten schon kann man die streng achteckige Burg des Staufenkaisers Friedrich Zwo sehen. (Übrigens: Der Ort, den auch der Staufenkaiser zu Fuß auf gesucht haben dürfte, hatte zwar noch keine Wasserspülung, aber auch vor knapp 800 Jahren schon fast westlichen (Ideal-) Standard.) Von Martina Franca aus erkunden wird die Gegend im Umfeld: Jede Menge Trulli, weiße Städte, reichlich italienische Impressionen und Lebensart. Die Leute sind sehr freundlich, hilfsbereit und absolut tiefenentspannt. Wenn die Hupe ertönt, und das tut sie sehr oft, so gilt das nie der Rüge der anderen Verkehrsteilnehmer oder gar der automobilen Kritik an den doofen Motorradtouristen, (die gelegentlich an der höchst eigenwilligen Beschilderung oder Verkehrsführung schier verzweifeln), sondern sie grüßen nur mal eben den Nachbarn. Oder den Schwager. Die Bekannte aus der Bäckerei, oder Francesco, da hinten, hallo, hast Du mich nicht gehört? Fraaaaannncesskooo!! Huuuuuuuuuup!!
Der Verkehr hier lässt sich am besten so beschreiben: Alles fließt. Irgendwie. Vorfahrt? Ach was, wer wagt, gewinnt. Wenn es nicht hinhaut: Autos haben Rückwärtsgänge. Stoppschilder sind allenfalls als Anregung zu betrachten: Es könnte evtl. einer kommen. Vielleicht heute, vielleicht morgen. Bloß nicht anhalten, wenn hinter dir einer fährt: Der rechnet ja gar nicht damit! Und wenn es knallt, könnte es übel ausgehen, denn es ist ja ohnehin jemand angeschnallt. Dafür kriegt Mutti alles life mit, denn jeder 2. Autofahrer hat ja das Handy am Ohr...
Matera, die alte Höhlenstadt, ist der Hammer: beschrieben in den 1930ern im Buch "Christus kam nur bis Eboli" als himmelschreiender Armutsslum – heute ist es ein lebendes Museum. Unglaublich, wie Menschen im Mezzogiorno, im armen Süden Italiens, einst gelebt haben. Das gilt auch für die Trulli, die einfachen Rundbauten. Zum Beispiel in Alberobello, das wir "Trullihausen" getauft haben. Zählt doch mal die Trullispitzen!
Auch die anderen Orte: Locorotondo, Cisternino oder Ostuni – jede Stadt ist ein Abenteuerspielplatz, wo es viel zu entdecken gibt!
Auf dem Rückweg geht es mit ein paar Schleifen in Richtung Cesenatico, wo Auto, Anhänger (und die leckere Küche von Padrone Secondo) auf uns warten. Und dann wieder in zwei Tagesetappen nach Hause.
(Ich kann hier nur 10 Bilder anhängen, also bitte "... den Stiefel runter Teil 2" bei Interesse danach lesen!)